Mittwoch, 27. April 2005

Ich will nicht querlesen

Das Lesen ist ja wirklich eine der faszinierendsten Eigenschaften, die Menschen auszeichnet. Natürlich nehme ich es normalerweise gar nicht wahr, wie kompliziert eigentlich die Verarbeitung dieser Buchstabenreihen sein muss und wie selbstverständlich ein Text überflogen werden kann, so dass nur noch das Verständnis als Herausforderung bleibt.

Heute hatte ich einen Text, den ich nicht verstanden habe. Kulturtheorien, Praxeologie... das ganze Gedöns. Ich habe gelernt: Etwas in einem Text nicht zu verstehen ist super. Sich einen Text anzueignen ohne auf Irritation zu stoßen bedeutet, sich nicht mit ihm auseinander gesetzt zu haben. Der Anspruch, einen Text komplett zu "verstehen" ist nichts anderes als der Wunsch, nichts Neues zu Erfahren. Dieser Text war ganz viel Neues und entsprechend unverständlich (der Autor war aber auch etwas schuld).

Aber als ich ihn vor mir liegen hatte, zwei Zeitschriftseiten auf eine A4-Seite kopiert um Platz und damit Kopiergeld zu sparen, merkte ich, dass ich nicht querlesen wollte. Querlesen hat irgend etwas damit zu tun, dass man Seiten nur überfliegt, keine Sätze liest aber trotzdem alles "versteht". Das könnte man mit diesem Text wahnsinnig gut machen, weil die Buchstaben so verdammt klein sind. Aber: Ich wollte nicht. Mir fiel auf, welche Mühe es mir bereitete, diese endlosen Sätze zusammenzubringen. Wie sich ein Wort an der andere reiht, ein Satz an den nächsten. Welche unterschätzte Rolle Zeit beim Lesen spielt. Das chronologische Vorarbeiten in einem Text. Während sich im Kopf jederzeit ganz unlinear Verbindungen knüpfen, Fragen auf tun, das Gelesene in Teilen wiederholt wird... das alles passiert immerfort und gleichzeitig, nur das Lesen braucht Zeit. Am Anfang des Satzes stellt man Erwartungen an das Ende, und wer weiß eigentlich schon, wie ein Satz endet, bevor er es liest? Es ist so wie mit Schrödingers Katze: Tot und lebendig gleichzeitig, bis man nachschaut.

Das mit dem Querlesen ist was anderes. Und nix für mich.

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